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Freitag, 21. März 2008
Mal etwas Lödderadur
am Freitag, 21. März 2008, 19:46 im Topic 'Kulzgelschickten'
Jaja, hab seit längerem wieder ein bisschen kreative Schreibe hervorgebracht.
Der Kampf gegen die Zeit
Es wiederholte sich täglich. Der gleiche Ort, zur gleichen Zeit. Doch er sah es nie als einen Zwang an, oder am ehesten noch als einen solchen, den er sich selbst auferlegte, vollkommen freiwillig. Eine Wiederholung war es zwar, aber eigentlich keine Routine. Die meisten Menschen mögen vielleicht flexibel wirken, doch das ist nicht wahr, sie sind im Grunde der Inbegriff der Routine, da sie vor jeder Andersartigkeit in ihrem Tagesablauf flüchten und der einzige sich verändernde Faktor die Zeit ist. Er drehte dieses Prinzip ins Gegenteil, für ihn war die Zeit das Ein und Alles, er bewunderte und verehrte sie, aber vor allem fürchtete er sie und versuchte sie durch die Wiederholung von ihrem hohen Thron zu stürzen, doch die Zeit ist kein Herrscher, denn sie ist unendlich, das wollte er nicht einsehen. Am meisten ängstigte ihn die Vorstellung, dass er bald aufhören würde zu existieren, doch die Zeit würde unbeachtet weiter existent sein und ihn vergessen, wie ihn die Welt schon jetzt vergessen hatte. Diese Vorstellung löste in ihm sogar eine gewisse Wut aus, eine aufkeimende Rivalität, doch nur in Momenten des Größenwahns, nach denen ihn seine eigene Nichtigkeit noch härter erschlug als sonst. Doch er kämpfte weiter gegen den unverwundbaren Gegner. Er versuchte den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen, ja man kann sagen, er imitierte die Zeit. Das war der wahre Grund für seinen penibel eingehaltenen Tagesplan.
Und so ging er jeden Tag den Kilometer durch den Park, um schließlich zu dem Fluss zu gelangen, an den der Park grenzte. Kein sehr breiter Fluss, allerhöchstens 10 Meter breit und an jeder Seite bewachsen mit hohen Bäumen, die sich über die Flusskanten neigten. Doch manche Stellen waren frei von Bäumen und an einer Dieser standen fünf morsche Parkbänke im Abstand von 3 Metern neben einander. Er war um halb Vier zu Hause aufgebrochen, eine Viertelstunde später erreichte er den Park, dann waren es nur noch fünf Minuten bis zu der zweiten Parkbank von links, auf die er sich schließlich niederließ.
Und dann saß er dort bis Sieben Uhr am Abend, in der immergleichen Haltung. Die Knie parallel zu einander, die Hände auf seinen Gehstock gefaltet, Kopf und Nacken leicht nach vorne gebeugt. Sein schütteres, schlohweißes, doch sorgfältig gekämmtes Haar fiel ihm dabei etwas in die Stirn, diese war leicht in Runzeln gelegt und die Mundwinkel hingen ein wenig nach unten. Seine blauen Augen waren so klein, dass es bei diesem Gesichtsausdruck fast immer so aussah, als würde er sie zusammenkneifen. Vor ihm floss das Wasser unaufhörlich, je nach Wetter schneller oder langsamer. Wenn ein Wind ging, kräuselte sich das Wasser leicht und immer flossen auf der Oberfläche vergilbte Blätter, welche die Bäume verloren hatten, die den Fluss umzingelten. Meist waren nur wenige Blätter zu sehen, sie schwammen wie einsame Schiffe einen unbekannten Kurs, doch in Jahreszeiten, in denen die Bäume mehr Blätter verloren, sah man das dunkle Wasser nur noch fleckenartig, begraben von Massen von braunen Blättern.
Im Sommer war er selten alleine, fast immer war er in Gesellschaft von Menschen die ihn nicht kannten und die er nicht kennen wollte, doch er wurde in den vielen Jahren, wo er täglich am Fluss saß, kein einziges Mal angesprochen. Leute die öfter hier her kamen, wunderten sich, doch vergaßen ihn bald wieder. Andere bemerkten nur seinen ungewöhnlich starren Blick, doch auch sie machten sich keine Gedanken, warum sollten sie auch. Nur weil ihn die anderen ignorierten, akzeptierte er sie, denn dieser Kampf sollte keine Schlacht sein sondern ein Duell. Etwas, dass er alleine ausfechten musste und bei dem ihm niemand helfen konnte.
Im Winter musste er sich keine Gedanken über die Spaziergänger machen, es waren eh nie Leute da, wenn der Himmel sich verdunkelte und die Stürme über das Gras fegten. Doch er war da. Aber es wurde schwieriger. Auch wenn er sich der Illusion hin gab, einen Zustand der Unendlichkeit erreichen zu können, auch er änderte sich. Er war alt und er wurde noch älter. Seine Beine wurden langsamer auf dem Weg zum Park, seine Haare wurden dünner, sein Gesicht fiel in sich zusammen und seine Augen wurden noch kleiner. Die Tage, an denen das schlechte Wetter tobte, machten ihm zu schaffen. Der Regen wurde immer unangenehmer wenn er auf ihn prasselte und seine Ohren schmerzten schneller, wenn der Wind um seinen Kopf wehte. An Tagen, an denen Gewitter tobte, schleppte er sich mit letzter Kraft zu seiner Bank und war ein bisschen froh, als er merkte, dass es schon wieder sieben am Abend war.
Doch er machte weiter. Er dachte kein einziges Mal daran, heute nicht an den Fluss zu gehen. Wenn man etwas solange durchzog, dann ist es so selbstverständlich, dass man es nicht hinterfragte. Wer würde es denn wagen, die Sonne zu hinterfragen, die jeden Morgen aufgeht?! Auch die Sonne verändert sich, doch so langsam, dass man es nicht wahrnimmt. Seine Veränderung hingegen hätte man wahrnehmen können, wenn sich jemand für ihn interessiert hätte, doch das tat niemand. Er wollte nicht das Interesse der Menschen, mit denen er schon vor langer Zeit abgeschlossen hatte, er wollte ,dass die Zeit sich für ihn interessierte, welche jedoch nur unaufhörlich verrann und seine Glieder schwerer werden ließ. Schwerer und schwerer.
Doch eines Tages... Es war nicht besonders warm an dem Tag, aber auch nicht besonders heiß. Ein leichter Wind streifte die Bäume, ein paar Spaziergänger schlenderten am Fluss entlang, ein angenehmer Geräuschpegel hing in der Luft, ein paar Wolken bedeckten die Sonne. Ein Tag, wie es ihn so oft gibt im Jahr. Es war später Nachmittag, doch noch zu früh, als das die Sonne untergehen würde. Der Fluss strömte leise und unaufhörlich im gleichen Tempo. Die Bank stand fest verankert in der Wiese. Die Wolken zogen vorbei. Der Wind säuselte. Die Zeit verrann, wie sie es immer tat. Gleichmäßig und parallel. Nichts auf der Welt, was sie hätte stoppen können, doch dort, am Fluss.
ETWAS FEHLTE.
Der Kampf gegen die Zeit
Es wiederholte sich täglich. Der gleiche Ort, zur gleichen Zeit. Doch er sah es nie als einen Zwang an, oder am ehesten noch als einen solchen, den er sich selbst auferlegte, vollkommen freiwillig. Eine Wiederholung war es zwar, aber eigentlich keine Routine. Die meisten Menschen mögen vielleicht flexibel wirken, doch das ist nicht wahr, sie sind im Grunde der Inbegriff der Routine, da sie vor jeder Andersartigkeit in ihrem Tagesablauf flüchten und der einzige sich verändernde Faktor die Zeit ist. Er drehte dieses Prinzip ins Gegenteil, für ihn war die Zeit das Ein und Alles, er bewunderte und verehrte sie, aber vor allem fürchtete er sie und versuchte sie durch die Wiederholung von ihrem hohen Thron zu stürzen, doch die Zeit ist kein Herrscher, denn sie ist unendlich, das wollte er nicht einsehen. Am meisten ängstigte ihn die Vorstellung, dass er bald aufhören würde zu existieren, doch die Zeit würde unbeachtet weiter existent sein und ihn vergessen, wie ihn die Welt schon jetzt vergessen hatte. Diese Vorstellung löste in ihm sogar eine gewisse Wut aus, eine aufkeimende Rivalität, doch nur in Momenten des Größenwahns, nach denen ihn seine eigene Nichtigkeit noch härter erschlug als sonst. Doch er kämpfte weiter gegen den unverwundbaren Gegner. Er versuchte den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen, ja man kann sagen, er imitierte die Zeit. Das war der wahre Grund für seinen penibel eingehaltenen Tagesplan.
Und so ging er jeden Tag den Kilometer durch den Park, um schließlich zu dem Fluss zu gelangen, an den der Park grenzte. Kein sehr breiter Fluss, allerhöchstens 10 Meter breit und an jeder Seite bewachsen mit hohen Bäumen, die sich über die Flusskanten neigten. Doch manche Stellen waren frei von Bäumen und an einer Dieser standen fünf morsche Parkbänke im Abstand von 3 Metern neben einander. Er war um halb Vier zu Hause aufgebrochen, eine Viertelstunde später erreichte er den Park, dann waren es nur noch fünf Minuten bis zu der zweiten Parkbank von links, auf die er sich schließlich niederließ.
Und dann saß er dort bis Sieben Uhr am Abend, in der immergleichen Haltung. Die Knie parallel zu einander, die Hände auf seinen Gehstock gefaltet, Kopf und Nacken leicht nach vorne gebeugt. Sein schütteres, schlohweißes, doch sorgfältig gekämmtes Haar fiel ihm dabei etwas in die Stirn, diese war leicht in Runzeln gelegt und die Mundwinkel hingen ein wenig nach unten. Seine blauen Augen waren so klein, dass es bei diesem Gesichtsausdruck fast immer so aussah, als würde er sie zusammenkneifen. Vor ihm floss das Wasser unaufhörlich, je nach Wetter schneller oder langsamer. Wenn ein Wind ging, kräuselte sich das Wasser leicht und immer flossen auf der Oberfläche vergilbte Blätter, welche die Bäume verloren hatten, die den Fluss umzingelten. Meist waren nur wenige Blätter zu sehen, sie schwammen wie einsame Schiffe einen unbekannten Kurs, doch in Jahreszeiten, in denen die Bäume mehr Blätter verloren, sah man das dunkle Wasser nur noch fleckenartig, begraben von Massen von braunen Blättern.
Im Sommer war er selten alleine, fast immer war er in Gesellschaft von Menschen die ihn nicht kannten und die er nicht kennen wollte, doch er wurde in den vielen Jahren, wo er täglich am Fluss saß, kein einziges Mal angesprochen. Leute die öfter hier her kamen, wunderten sich, doch vergaßen ihn bald wieder. Andere bemerkten nur seinen ungewöhnlich starren Blick, doch auch sie machten sich keine Gedanken, warum sollten sie auch. Nur weil ihn die anderen ignorierten, akzeptierte er sie, denn dieser Kampf sollte keine Schlacht sein sondern ein Duell. Etwas, dass er alleine ausfechten musste und bei dem ihm niemand helfen konnte.
Im Winter musste er sich keine Gedanken über die Spaziergänger machen, es waren eh nie Leute da, wenn der Himmel sich verdunkelte und die Stürme über das Gras fegten. Doch er war da. Aber es wurde schwieriger. Auch wenn er sich der Illusion hin gab, einen Zustand der Unendlichkeit erreichen zu können, auch er änderte sich. Er war alt und er wurde noch älter. Seine Beine wurden langsamer auf dem Weg zum Park, seine Haare wurden dünner, sein Gesicht fiel in sich zusammen und seine Augen wurden noch kleiner. Die Tage, an denen das schlechte Wetter tobte, machten ihm zu schaffen. Der Regen wurde immer unangenehmer wenn er auf ihn prasselte und seine Ohren schmerzten schneller, wenn der Wind um seinen Kopf wehte. An Tagen, an denen Gewitter tobte, schleppte er sich mit letzter Kraft zu seiner Bank und war ein bisschen froh, als er merkte, dass es schon wieder sieben am Abend war.
Doch er machte weiter. Er dachte kein einziges Mal daran, heute nicht an den Fluss zu gehen. Wenn man etwas solange durchzog, dann ist es so selbstverständlich, dass man es nicht hinterfragte. Wer würde es denn wagen, die Sonne zu hinterfragen, die jeden Morgen aufgeht?! Auch die Sonne verändert sich, doch so langsam, dass man es nicht wahrnimmt. Seine Veränderung hingegen hätte man wahrnehmen können, wenn sich jemand für ihn interessiert hätte, doch das tat niemand. Er wollte nicht das Interesse der Menschen, mit denen er schon vor langer Zeit abgeschlossen hatte, er wollte ,dass die Zeit sich für ihn interessierte, welche jedoch nur unaufhörlich verrann und seine Glieder schwerer werden ließ. Schwerer und schwerer.
Doch eines Tages... Es war nicht besonders warm an dem Tag, aber auch nicht besonders heiß. Ein leichter Wind streifte die Bäume, ein paar Spaziergänger schlenderten am Fluss entlang, ein angenehmer Geräuschpegel hing in der Luft, ein paar Wolken bedeckten die Sonne. Ein Tag, wie es ihn so oft gibt im Jahr. Es war später Nachmittag, doch noch zu früh, als das die Sonne untergehen würde. Der Fluss strömte leise und unaufhörlich im gleichen Tempo. Die Bank stand fest verankert in der Wiese. Die Wolken zogen vorbei. Der Wind säuselte. Die Zeit verrann, wie sie es immer tat. Gleichmäßig und parallel. Nichts auf der Welt, was sie hätte stoppen können, doch dort, am Fluss.
ETWAS FEHLTE.
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