T H A D E U S at the Movies!
Im Kino: Die Ermordung Jesse James durch den Feigling Robert Ford
Heute war ich das erste Mal meinem Multiplex-Kino dankbar, dass es so viel Werbung zeigt, denn obwohl ich Sage und Schreibe eine halbe Stunde zu spät war, verpasste ich nur die ersten paar Minuten.

"Die Ermordung Jessie James..." ist der Auftakt für ein sehr erfreuliches Westernrevival in den Kinos. Am 13. Dezember erscheint in den deutschen Kinos "Todeszug nach Yuma", ein Edelwestern mit Russel Crowe. Doch der Trailer lässt einen ganz anderen Film vermuten wie es der Film mit dem unendlich langen Titel und Brad Pitt in der Hauptrolle ist. Der ist nämlich kein Western im Sinne von in den Sonnenuntergang reitenden Outlaws, wilden Feuergefechten und bösen Indianern.

Jesse James war einer der ersten amerikanischen Medienstars, vom Staat wegen seiner Verbrechen gesucht, vom Volk aber wie ein Gott verehrt. Und da ist es doch nur passend das Brad Pitt eben diesen spielt, der schließlich in letzter Zeit oft seltener wegen seiner Filme als wegen seiner Boulevardstories auffiel. Der Film scheint eine echte Herzensangelegenheit Pitts zu sein, auch weil er in der letzten halben Stunde immer mehr das Feld des klassischen Westerns verlässt und zur kongenialen Parabel für die Verehrung und Verachtung Prominenter und die Sehnsucht nach Ruhm wird. Pitt spielt den Jesse James großartig als ein Mythos, den seine Prominenz auffrisst, wird aber teilweise von Ben Afflecks weniger bekannten Bruder Casey an die Wand gespielt. Sein recht undankbarer Part als "Feigling" Robert Ford meistert er oft noch besser als Pitt. Alles andere als ein sympathischer Charakter, trotzdem spielt er den krankhaften Verehrer des Westernmythos mit viel Leidenschaft. Robert Ford ist in jeder Hinsicht der Gegenpart zu Jesse James: Ford ist ein Schwächling, der glaubt, er sei für etwas Großes bestimmt, während Jesse James eine Ikone ist, der daran zerbricht, dass er zwar nur von Verehrern umgeben ist, sich selber aber seiner Schwäche bewusst ist. Zwischen Casey Affleck und Brad Pitt herrscht eine fast erotische Spannung, von der sich der Verehrer am Ende durch den Mord emanzipiert.

Der Film setzt, nach einem kleinen Prolog zur Biografie Jesse James, bereits kurz vor dem Ende des Untergangs der James-Bande ein. Jesse und sein Vater sind sichtlich angeschlagen und die Truppe besteht hauptsächlich aus debilen Nichtsnutzen, weil die ursprüngliche Bande tot oder im Gefängnis ist. Ein klassischer Zugüberfall beginnt und man wähnt sich in der Illusion einem klassischen Western mit erschreckten Passagieren und fluchenden Gaunern beizuwohnen. Es dauert aber nicht lange und schon ist man mitten drin in einem der unendlich langen Gespräche, die typisch für den Film sind. Leider besteht der Film im Mittelteil fast nur aus unendlich langen Dialogen und extrem elegischen Szenen. Ich habe nichts gegen lange, ruhige Szenen, solange sie eine gewisse Dynamik haben. Leider ist das bei dem Film fast nie der Fall, denn er reiht nichtssagende und für die Handlung des Films sowie für die Charaktere unwichtige Szenen aneinander und so verliert man schnell das Interesse. Das Schlimme ist, dass der Film im Grunde keinen Spannungsbogen hat, er nimmt nie Fahrt auf und verliert deswegen auch nie an Spannung. Es ist nichts gegen eine langsame Erzählweise einzuwenden, solange man in den einzelnen Szenen eine gewisse Anspannung erhält, was "Die Ermordung Jesse James..." durch seine langweiligen Dialoge und seine ermüdende Inszenierung aber verspielt. Das einzige was den Film vor der totalen Langeweile rettet ist sein auch in den Nebenfiguren großartiger Cast.

Das wirklich innovative an dem Film aber ist seine neue, nicht so verklärte Sichtweise auf den wilden Westen. Kameralegende Roger Deakins (der in fast jedem guten Film seine Finger drin hat) erzeugt eine atemberaubende Bildsprache und eine ungeheure Authenzität. Nie hat man eine so real wirkende Darstellung des "wilden Westens" im Kino gesehen. Das unterstreicht auch der ebenso gelunge Soundtrack, eine Kostprobe gibt es auf der offiziellen Filmseite, der viele Komponente alter amerikanischer Musik in sich vereint.

Und so stehe ich "The Assasination of Jesse James by the Coward Robert Ford" zwiespältig gegenüber, einerseits überwältigt von der Bildsprache und dem Cast, anderseits gelangweilt von der biederen Inszenierung.

60%

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