T H A D E U S at the Movies!
Donnerstag, 10. April 2008
HDGDL
Das Internet ist groß, das Internet ist mächtig. Und diese Größe hat den Vorteil, dass sich eigentlich jeder das suchen kann, was er für unterhaltsam oder informativ hält. Als Minderjähriger verhält sich das leider etwas anders, denn in den Jahren, in denen einem Alkohol (offiziell) verwehrt bleibt, herrscht ein ungeheuerer virtueller Gruppendruck. Das gilt vor allem für diese Profilportale, in denen man den Typ Mensch kreieren kann, der man gerne sein würde, es aber nur im seltensten Falle ist. Neben den internationalen und in ihrer Informationsmasse schon wieder angenehm undursichtigen Portalen wie MySpace herrscht im virtuellen Territorium des gemeinen Schülers das "SchülerVZ". Kaum jemand unter 18 existiert, den die Welle noch nicht in dieses Existenzportal gespült hat und danach wird er so gleich in den großen Bruder "StudiVZ" gespült. Der ganze Sinn dieser Seite besteht darin, diese ulkigen Freundebücher aus der Grundschule virtuell aufzublasen. Hier darf sich jeder seine Existenz bilden. Klingt und ist ja erstmal unterhaltsam, es hat nämlich einen gewissen Reiz, sich durch die Profile seiner Bekannten zu klicken, und damit zumindest zu erfahren, für was sie sich halten. Leider hat nun wirklich fast jeder sich künstlich reproduziert und so holen einen in regelmässigen Abständen auch Dinge ein, die man nicht zu den Glorreichen in seinem bisherigen Leben zählt, so benachrichtigen einen beispielsweise Leute von irgendwelchen Klassen- oder ähnlichen Reisen, die man überhaupt nicht kennt (und sie auch nicht kennen lernen will), einen aber in ihren Nachrichten behandeln wie einen alten Freund. Die sogenannten "Freundschaften" hier sind sowieso von herzergreifender Irrelevanz, man muss nur mal mit jemanden zwei Worte wechseln und schon ist man sein virtueller Freund. Schlimm ist das. Mir noch viel suspekter ist aber etwas anderes. Auf diesem Portal wird schmerzhaft deutlich, dass Jugendliche anscheinend wirklich nichts mit sich anzufangen wissen und das bisschen Leben was sie besitzen schamlos entblößen, in dem sie, den Eindruck gewinnt man, den ganzen Tag nichts anderes machen, als sich selbst zu fotografieren. Vor allem bei den Mädchen ist das Phänomen, vor das mir graust. Ellenlange Bilderstrecken mit Selbstporträts, die sich kaum voneinander unterscheiden und in denen verzweifelt versucht wird irgendwie die Aufmerksamkeit anderer zu erlangen. Ich bin oft tief erschreckt, wenn ich im realen Leben die Streberin mit dem hoch aufgeschlossenen Kleid sehe, im Internet dann aber festelle, dass sie Dutzende Fotos veröffentlicht hat, in denen sie in billiger Modelmanier einen anstarrt und ihr Dekollete in die Kamera schwenkt. Diese Werke werden dann untereinander noch fleißig kommentiert, fast immer gelobt, wie sexy und verführerisch dieses Bild doch sei.
1984 war gestern, heutzutage findet man Privatsphäre anscheinend lästig.

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